Designer Stories

La Lampe Equilibree

Licht ist Energie und ebenso Information - Inhalt, Form und Struktur.
Es bildet das Potential für alles.
David Bohm


Die Konstruktion der Eleganz.

In Buquets ‚La Lampe Equilibree' spiegelt sich die schöpferische Kraft einer außergewöhnlichen Epoche.

 

Die Geschwindigkeit dieser Dekade war phänomenal, geradezu atemberaubend. Kaum ein Kommentar fasst das uferlose Verlangen nach Schönheit und Ablenkung, nach Vergessen und Betäubung besser zusammen als der kurze Trailer für den Film ‚The great Gatsby': ‚The world was spinning faster then and shining brighter. It tingeles excitement. And when all life was a fantasy, theirs was the richest fantasy of all'. Die Desillusion, die der Krieg hinterlassen hatte, erwies sich sozusagen als Reibungsfläche, auf der sich die elektrisierende Atmosphäre dieser Zeit entzünden konnte. Der Non-Stop-Flug Charles Lindberghs von New York nach Paris in 33,5 Stunden zeigte eindrucksvoll, was von nun an möglich war. Die übermotorisierten Bentleys, die 1927 bei den 24 Stunden von Le Mans Rekordgeschichte schrieben, demonstrierten eine bis dato ungeahnte Einheit aus stilvoller Form und unbändiger Motorenkraft.

 

La Lampe Equilibree

Paradigma einer Epoche. Die Buque-Leuchte wird seit den frühen achtziger Jahren von Tecnolumen in Kleinserie hergestellt. Der Unternehmer und Designsammler Walter Schnepel lässt die Leuchte noch heute in akribischer Manufakturarbeit fertigen.
Sowohl die feinmechanische Konstruktion der Leuchte wie auch der Umgang mit den hochwertigen Materialien kann auf  Handarbeit in hohem Maße nicht verzichten.
 
 

Zweifellos fällt dem Thema des Gleichgewichts in den zwanziger Jahren, neben Geschwindigkeit und Maschine, die zentrale Rolle der Inspiration zu. Erinnern wir uns an die streng ausgewogenen Kompositionen Mondrians oder an den jungen Alexander Calder, der sich um 1926 in Paris etablierte. Die Entstehung seiner ersten Figuren und Modelle, die das ‚Equilibre' künstlerisch in Form bringen, das Gleichgewicht präzise auszubalancieren, fällt in die Zeit, in der Buquet seine Leuchte konstruiert. Calders ausladenden, poetisch schwebenden Mobiles und die makellose, statische Erscheinung der Buquet-Leuchte sind zwei Facetten eines Themas, die sich auf wunderbare Weise ergänzen. Die Vermutung liegt nahe, dass Buquet doch mehr war als ein konventioneller Ingenieur. Jenseits der von ihm im Frühjahr 1927 beim Pariser Industrie-Ministerium eingereichten Patentschrift, welche die Leuchte rein funktional als ‚orientierbaren Beleuchtungskörper mit Gelenkarmen' beschreibt, stellt man sich unweigerlich die Frage, welche Begabung eigentlich hinter dieser Jahrhundertform steckt und auch, ob möglicherweise noch andere Objekte existieren, die unter der gestalterischen Handschrift Buquets entstanden sind.

 

La Lampe EquilibreeDie verschiedenen Ausführungen

Tischleuchten
EB 27 in Metall, versilbert mit 90er Auflage
EB 27 in 925 Sterling-Silber
EB 27 in Messing vergoldet (24 Karat)
EB 28 in Metall, versilbert mit 90er Auflage
EB 28 in Metall, vernickelt, poliert
EB 28 in Metall, verchromt, poliert
 
Wandleuchten
EB 27 in Metall, versilbert mit 90er Auflage
EB 27 in Metall, vernickelt, poliert
EB 27 in Metall, verchromt, poliert
 
Stehleuchten
EB 27 in Metall, versilbert mit 90er Auflage
EB 27 in Metall, vernickelt, poliert
EB 27 in Metall, verchromt, poliert
 
 
 
Der "skulpturale" Charakter der EB 27 ist
unübersehbar. Buquet’s Entwurf ist ein
Solitär der Designgeschichte.
 

 

Doch Eduard-Wilfrid Buquet bleibt das große Phantom der Designhistorie. Es ist, als wäre der Mann aus Montrouge, jenem Pariser Vorort, aus dem Nebel aufgetaucht. Kaum etwas ist über ihn bekannt, selbst das Centre Pompidou, das über ein fulminantes Archiv der industriellen Formgebung verfügt, muss hier passen. Dafür ist ein Blick in die ständige Ausstellung des MoMA in New York aufschlussreicher. Die Leuchte gehört dort seit 1977 als Exponat der ständigen Ausstellung in jene Linie, die noch maßgeblich von Philip Johnson eingerichtet wurde. Vergessen wir nicht: Bereits 1934 zeigt das MoMA die revolutionäre Show ‚Machine Art'. Johnson schrieb damals ‚In the 20s we received a fresh wave of foreign influence from France'. Unter den weltweiten Design-Collectionen, in denen die Leuchte vertreten ist, zeigte das Boymansvon-Beuningen-Museum in Rotterdam das vielleicht schönste Orginal anlässlich der Ausstellung ‚Struck by Lighting'. Eine silberne Schreibtischleuchte mit einer Basis aus schwarzem Marmor, einem Solitär der Design-Geschichte.

 

La Lampe Equilibree

La Lampe Equilibree

Buquet's feinsinnige Konstruktion garantiert, dass sich die Leuchte nur durch Gleichgewichtsverlagerung
für eine gewünschte Ausleuchtung in der gewählten Position fixiert.

 

Kein Zweifel, die Herstellung industrieller Leuchten hatte um 1922 mit der in Frankreich weitgehend verbreiteten Arbeitsleuchte von Albin Gras einen Höhepunkt erreicht. Die ‚Lampe Gras' wurde in zahlreichen Ateliers, Manufakturen und Werkstätten genutzt. Doch der fortwährende Hinweis darauf, dass Le Corbusier sie in seinem Atelier benutzte, kann nur im Hinblick darauf gelten, dass die Leuchte in seinem Arbeitsatelier für die Zeichner installiert wurde. Das mag der puristischen Einstellung des ‚maitre d'architecture' entsprochen haben, doch in der Präsentation seiner Arbeiten, etwa im Salon d'Automne, 1928, den er gemeinsam mit Charlotte Perriand bespielt, ist die Buquet-Leuchte das adäquate Objekt der Wahl. Buquets Wandversion der Leuchte wirkt hier absolut überzeugend: In Kombination mit den Möbeln entstand so eine fließende Einheit der ästhetischen Vision Le Corbusiers. Das breite Feld derjenigen, die Buquets Equilibree in Ateliers und Werkstätten, in Salons und in Ausstellungen einsetzten, reichte vom Doyen des Art Deco, Jacques-Emile Ruhlmann, bis zu Marcel Breuer und Marcel Duchamp.

 

La Lampe Equilibree

Die harmonische Einheit von Leuchtenkopf und Kopfgelenk zeigt ‚en detail' wie präzise und filigran die einzeln Leuchtenelemente aufeinander abgestimmt sind.

 

In einem übertragenen Sinn war die Ausrichtung des Lichtes, die auf den Punkt zentrierte Beleuchtung, nicht nur technisch zu verstehen. Sie war metaphorisch besehen auch Ruhepol und Konzentration auf das Wesentliche in einer Zeit, die vor Energie und Schöpfungskraft geradezu vibrierte.

Wir müssen bedenken, dass die Leuchte trotz ihrer unglaublichen Konstruktion auch eine Herausforderung darstellte. Doch worin liegt dies begründet? Im Gegensatz zu den konventionellen Leuchten dieser Zeit hatte die Buquet-Leuchte nie auf den Luxus der Handarbeit verzichten können. Schon ein Blick auf die ausufernd präzise Patentschrift macht deutlich, dass die Leuchte nicht nur eine große Eleganz der Konstruktion ausstrahlt, sondern auch ein Meisterwerk technischer Raffinesse darstellt. Noch heute werden die Leuchtenelemente von ausgewiesenen Sprenglermeistern und auch Silberschmieden in kleinteiligen Arbeitsgängen gefertigt. Der Manufakturcharakter ist schon bei Betrachtung der Leuchte unübersehbar. Es ist dies eine Präzision der Herstellung, insbesondere bei Gelenken und dem Ausgleich des Gewichtes, in der das menschliche Auge das letzte Wort hat. Ganz im Sinne Buquets, der die Manufaktur in Kleinserie nicht nur vorzog, weil sie eine exakte Übertragung des Patentes auf die alltägliche Nutzung und Funktion der Leuchte garantierte, sondern er damit auch rasch auf Sonderwünsche seiner Kunden reagieren konnte.

Neben den Grundtypen, den Schreibtischleuchten mit ein, oder zwei Gelenken, war die Wandleuchte eine gefragte Option, die je nach Anforderungslage ebenfalls ein,– oder zweiarmig gefertigt wurde. Ergänzend gab es eine Standleuchte und eine Variation für Juweliere, Illustratoren und Haute Couture Ateliers mit Klemmvorrichtung.

Die Tatsache, dass Eduard-Wilfrid Buquet sowohl Atelier und Büro in der Rue du Marche Saint Honore, unweit des Place Vendome, des Ritz und des Louvres einrichtete, zeigt das Prestige, das der Leuchte zur damaligen Zeit zuteil wurde.

Für die exklusive Klientel Buquets spricht auch die Tatsache, dass wir seine Leuchte hinreichend in den führenden Magazinen dieser Zeit publiziert finden. Meist im Zusammenhang mit den Interior-Präsentationen führender Gestalter wie Lucien Rollin.

Doch wie ist es zu erklären, dass die Spur der Leuchte in den folgenden Jahrzehnten verwischt und schließlich fast so unsichtbar wird wie ihr Konstrukteur selbst?

Die gigantische, destruktive Welle, die durch den Verkauf von rund 16 Millionen Aktien an der New Yorker Börse an jenem Freitag im Oktober 1929 losgelöst wurde, erreichte Frankreich vollends 1931. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern war Frankreich vielfach landwirtschaftlich geprägt. Das fast vollständige Erliegen der Produktion spürte man hier deshalb zeitlich verzögert. Das hatte auf die Herstellung von Buquets Leuchte vor allem zwei gravierende Auswirkungen: Einmal dürfte es fast unmöglich gewesen sein, das Aluminium für den Kopf der Leuchte zu bekommen, andererseits stiegen die Preise für das knappe, noch verfügbare Material drastisch an, sodass die Leuchte kaum noch zu verkaufen gewesen wäre.

In der heute sehr sorgfältig re-edierten und nummerierten Auflage der Leuchte hat man bei Tecnolumen nur behutsam in die Konstruktion eingegriffen, um die Leuchte den heutigen Anforderungen gemäß auszurüsten.

Der ursprünglich aus Holz, sehr selten aus Marmor, bestehende Fuß der Leuchte wurde in Metall ausgeführt und die Leuchte mit einem dezenten Halogenleuchtmittel ausgerüstet, das den aktuellen Bedürfnissen an moderner Lichtsetzung Rechnung trägt. In ihrer schönsten Editionsform erscheint die ‚Lampe Equilibree', gänzlich aus reinem Sterling-Silber, als eine Einheit von Form und Funktion in der sich der Mythos der Eleganz als Erinnerung an eine vibrierende Epoche mühelos durch die Zeit trägt.

Hartmut Dörrie möchte ich meinen Dank für die profunden Fachinformationen aussprechen, zugleich der Firma Tecnolumen für die zur Verfügung gestellten Informationen und das Fotomaterial. www.technolumen.com Zu beziehen über den gehobenen Einrichtungsbedarf und den Leuchten-Fachhandel.

 

Text: Hans Irrek
Fotos: Tecnolumen und Hartmut Dörrie